Beitrag gemeinschaftlicher Wohnprojekte zur urbanen Krisenresilienz

Die Covid-19 Krise hat weitreichende Folgen mit sich gebracht und uns vor neue Arbeits-, Lebens-, und Wohnsituationen gestellt. Dadurch wurde nicht nur die Relevanz der lokalen Solidarität und wertvollen Qualitäten im unmittelbaren Wohnumfeld sichtbar sondern auch die Schwachstellen im Quartier. Viele Menschen haben die vorteilhaften Aspekte wie gemeinschaftlicher Nähe und Unterstützung in gemeinschaftlichen Wohnformen wahrgenommen, wodurch der Trend zu solchen Formen durch die Pandemie deutlich zugenommen hat.

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit habe ich mich mit diesem Thema beschäftigt und den Beitrag gemeinschaftlicher Wohnprojekte zur urbanen Krisenresilienz in Wien genauer betrachtet.

Die zentralen Forschungsfragen waren hierbei:

  • Kann durch als Baugruppen initiierte gemeinschaftliche Wohnprojekte eine höhere Robustheit für Krisen erreicht werden?
  • Was für einen Beitrag leisten gemeinschaftliche Wohnprojekte auf Quartiersebene zur sozialen Dimension urbaner Resilienz?
  • Welche konkreten Aspekte von gemeinschaftlichen Wohnprojekten sind förderlich für den Umgang mit Krisensituationen?

Als theoretischer Hintergrund wurde auf die Herkunft und die Definition von (urbaner) Resilienz, Gemeinschaftliches Wohnens und das Konzept der Post-Covid-Stadt zurückgegriffen.

Welche Projekte wurden untersucht?

Als Untersuchungsgegenstände wurde der Seestern Aspern im 22. Wiener Gemeindebezirk und das Wohnprojekt „Wohnen im Grünen Markt“ herangezogen. Beide wurden vor der Covid-19 Krise gegründet, unterscheiden sich aber in Faktoren wie z.B. Größe und Bezugsjahr.

Seestern Aspern ©IBA_Wien
Wohnen im Grünen Markt ©IBA_Wien

Welche Kategorien wurden betrachtet?

Für die Arbeit wurden je Wohnprojekt zwei Bewohner:innen in leitfadengestützen Interviews befragt sowie zwei Expert:innen der Stadt Wien, deren Expert:innenwissen in die Arbeit miteingeflossen ist. Folgende Kategorien wurden hierbei definiert:

Gemeinschaft

Betrachtet wurde die Gemeinschaft und der Zusammenhalt innerhalb der Wohnprojekte, Aspekte der Bewohnerschaft und des Bestandes der Gemeinschaft sowie gemeinschaftliche Aktivitäten und interne Hilfeleistungen.

Organisation und Kommunikation

In dieser Kategorie wurde die Organisationsstruktur der beiden Projekte, das Thema der Konflikte und Umgang mit Krisensituationen und die Nutzung und Kommunikation über digitale Tools während der Pandemie sich angeschaut.

Gebäude und Gemeinschaftsflächen

Bezüglich der Gebäude wurden die Faktoren der Bauweise und architektonischer Gestaltung und die Relevanz, Nutzung und Regelung der gemeinschaftlichen Flächen analysiert.

Quartiersbezug

Zuletzt geht es um die Einbettung und Vernetzung der Wohnprojekte, entstandene Hilfsangebote im Quartier und der Mehrwert von Baugruppen bzw. gemeinschaftlichen Wohnprojekten im Quartier.

Was sind die Ergebnisse?

Folgend werden einige der Ergebnisse aufgelistet:

  1. Gemeinschaft
    • frühes Kennenlernen der Bewohner:innen vor Bezug ist wichtig für den Aufbau von persönlichen Beziehungen und einer starken Gemeinschaft
    • hohe Relevanz regelmäßiger gemeinschaftlicher Aktivitäten
  2. Organisation und Kommunikation
    • feste Strukturen der Organisation sind in Krisenzeiten hilfreich, da sie Stabilität und Vertrauen liefern
    • Selbstorganisation als Vorteil, da schneller auf Situationen reagiert werden kann und Maßnahmen getroffen werden können wie die Organisation interner Hilfeleistungen
  3. Gebäude und Räumlichkeiten
    • gemeinschafts- und begegnungsfördernde Gestaltung wichtig und reduziert in Krisenzeiten wie der Covid-19 Pandemie das Gefühl der Isolation
  4. Quartiersbezug
    • Gemeinschaftsräume der Projekte können wichtige Raumreserven für das Quartier und die Gesamtstadt in Krisenzeiten sein
    • Aktivitäten in der Nachbarschaft wichtig zur Kontaktknüpfung und Vernetzung – diese Kontakte bleiben dann eher auch in Krisenzeiten bestehen und gegenseitiger Austausch und Hilfe findet statt

Und darüber hinaus?

Durch die Pandemie ist der Diskurs der resilienten Stadt stark entfacht worden. Deshalb braucht es ganzheitliche Strategien zur Verankerung von urbaner Resilienz. Vernetzung spielt schon jetzt eine große Rolle – trotzdessen besteht hier noch Potential die Vernetzung diverser Akteur:innen zu stärken und Vernetzungspotentiale im Quartier zu nutzen. Gemeinschaftliche Wohnprojekte können hier einen Beitrag leisten und deshalb sollte in Gemeinschaft und soziale Innovation investiert werden. Doch nicht nur Neubauprojekte sind die Lösung – es braucht auch mehr Investitionen in Bestandssanierungen und die Umsetzung gemeinschaftlicher Projekte im Bestand.

Wer noch nicht genug hat:

Die Arbeit kann hier online gelesen und heruntergeladen werden:

Lieber analog? – in der Bibliothek im Büro von realitylab gibt es die analoge Version zum ausleihen.

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