In einer großen Stadt wie Wien vertraut man gerne auf die Fernwärme als preiswerte und sinnvolle Methode Wärme und teilweise auch Kälte bereitzustellen. Doch nicht überall ist es möglich sich an eines der größten Wärmeenergienetze der Welt anzuschließen. Das Netz stößt irgendwann einfach an seine Grenzen.
Das kleine Dörfl, gleich hinter dem Kahlenberg, will ebenfalls raus aus Gas. Dafür muss man sich engagieren und teilweise auch gemeinsam investieren. Denn das pitoreske Kahlenbergerdorf besteht aus Jahrhunderte alten Gebäuden und Neubauten – vermutlich alle ausgerichtet auf Gas als Wärme-Energiequelle – und die Winter werden zwar wärmer, jedoch braucht es im Winter dennoch eine Heizung.
Kahlenbergerdorf als Klimadorf
Anfang 2022 gründete sich der Verein „Klimadörfl“ – das Dörfl soll klimaneutral werden. Gemeinsam möchte man dem Klimanotstand an einer breiten Front begegnen. Bildungsveranstaltungen in der Nachbarschaft mit externen und internen Expert:innen, Einbindung des Pfarrers, Wärmeenergieversorgung ohne Gas, Grätzlrad uvm. werden bereits vorbereitet. Auf der Vereinswebsite liest sich, dass es vielleicht nicht um uns selbst geht, aber um unsere (Enkel-)kinder. Wir müssen jetzt anfangen etwas zu verändern, damit das Wasser nicht noch weiter steigt – es steht schon an der Oberkante Unterlippe.
Erste Erfahrungswerte und mögliche Technologien werden recherchiert – der Ausstieg aus dem Gas ist wohl doch nicht so einfach individuell lösbar, dafür kann es aber gemeinsam stattfinden. Genau dies soll dank einer Förderschiene des Klimaschutzministeriums „Stadt der Zukunft“ möglich gemacht werden – in einer Machbarkeitsstudie. Gemeinsam mit e7 und realitylab wurde ein Forschungsprojekt eingereicht: „Machbarkeitsstudie für die klimaneutrale Energieversorgung im Kahlenbergerdorf“. Das Klimadörfl will raus aus Gas, denn spätestens seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist es nicht mehr nur ein klimapolitischer Wunsch: das Dörfl wird zum Wärmepionier. Und am Besten schon gestern.
Die Wärmepioniere
Pionierarbeit braucht ein gutes Fundament. Denn bisher hat noch niemand eine passende Lösung für die komplexen Umstände, die es im zukünftigen Klimadörfl gibt: denkmalgeschützte Gebäude, Gemeindebauten der Stadt Wien, Wohnhäuser im Privatbesitz oder im Besitz eines Klosters bzw. der Kirche. Es müssen also nicht nur alle Eigentümer:innen abgeholt werden, sondern auch deren Nutzer:innen. Gemeinsam muss eine grundstücksübergreifende Lösung erarbeitet werden. Ganz im Sinne des Gemeinschaffens will man sich im Dörfl zusammenschließen und eine erste Wärmeenergiegemeinschaft ins Leben rufen. Dies braucht technische Antworten, aber auch soziale Antworten. Denn wie organisiert man sich rund um eine Wärmeenergiegemeinschaft? Die Wärmepioniere wollen genau dies herausfinden.
Während über einen ersten Fragebogen durch die Ingenieure von e7 der Ist-Zustand der Gebäude eingeschätzt wird, um technische Möglichkeiten einschätzen zu können, organisiert das Klimadörfl bereits eine erste große Startveranstaltung. Im Rahmen dieser sollen interessierte Bewohner:innen im Klimadörfl eingeladen werden sich dem Verein anzuschließen und ebenfalls zu Wärmepionieren werden. Passend zum Dörfl findet dies nicht im sterilen Besprechungsraum statt, sondern man trifft sich bei der lokalen Buschenschank. Bei einem Glas Wein kommt man auch leichter zusammen und die Ideen werden mit Sicherheit vielfach zum Klimanotstand ausgetauscht werden können.
Während die mit großer Spannung erwartete technische Machbarkeit überlegt, sowie ein Geschäftsmodell zum Betrieb einer solchen gemeinsamen Anlage bis September 2023 erarbeitet wird, treffen sich Bewohner:innen im Dörfl um auch die Strukturen aufzubauen, die fähig sind Entscheidungen zu treffen. Dem Klimanotstand zu begegnen heißt eben auch andere Themen zu bearbeiten: Förderantrag fürs Lastenrad einreichen, Nachbar:innen einladen mitzugestalten oder in der (Pfarr-)Gemeinde Aufklärungsarbeit zu leisten. Wer den Klimanotstand versteht, versteht auch warum es DieWärmepioniere braucht und warum das Kahlenbergerdörfl sich zum Klimadörfl weiterentwickeln muss.
Im September 2023 sollten viele juristische, technische, soziale und ökonomische Grundlagen geklärt sein, damit das Klimadörfl einen großen Beitrag für eine ökologisch-nachhaltige Veränderung einleiten kann. Wenn es gelungen ist, dann haben wir nicht nur die notwendige Technologie gefunden – wir haben es insbesondere gemeinsam geschafft viele Bewohner:innen trotz schwieriger wirtschaftlicher Umstände abzuholen und von der Notwendigkeit überzeugt. Gemeinsam haben wir den Präzedenzfall für viele Grätzel – nicht nur in Wien – geschaffen. Dann wird es hoffentlich viele Nachahmer geben, die genauso motiviert wie das Kahlenbergerdorf in die Umsetzung gehen. Gemeinsam sind wir DieWärmepioniere.
Weitere Berichte zum Projekt folgen, sobald wir Neues gelernt haben. Wenn du Interesse daran hast in deiner Nachbarschaft ebenfalls ein:e Wärmepionier:in zu werden, dann schreib uns unter gemeinschaffen@realitylab.at oder hinterlasse uns einen Kommentar.