Mit diesem Blog-Eintrag möchten wir Dir näher bringen, was Gemeinschaffen bedeutet. Eine Zusammenfassung der Präsentation von Gernot Tscherteu von realitylab im Rahmen von Gemeinschaffen – die Startveranstaltung vom 08.07.2021. Du kannst dir diesen Vortrag auch anschauen:
Gemeinschaffen ist eine Wortschöpfung, das Wort gibt es im Deutschen nicht. Es ist der Versuch einer kreativen Übersetzung für das englische Wort „commoning“. Das „commoning“ ist selbst auch eine Komposition, es leitet sich vom englischen „commons“ ab. Der Historiker Peter Linebaugh hat gesagt „There is no commons without commoning“, es braucht eine Praxis, ein Verb rund um die commons.
Was bedeutet commons?
„Commons (von latein. communis; von com und munus; engl. common; dt. gemein(sam)) ist ein zunehmend verwendeter Begriff. Er bezeichnet Ressourcen (Code, Wissen, Nahrung, Energiequellen, Wasser, Land, Zeit u. a.), die aus selbstorganisierten Prozessen des gemeinsamen bedürfnisorientierten Produzierens, Verwaltens, Pflegens und/oder Nutzens (Commoning) hervorgehen.[1][2][3] Commons werden vielfach „jenseits von Markt und Staat“ verortet, womit vor allem gemeint ist, dass in Commons-Kontexten andere Handlungslogiken dominieren.[4][5]“ (Begriffsdefinition aus Wikipedia)
Ein recht bekanntes Beispiel aus Österreich für commons ist die Alm. Die bisher meist verwendete Übersetzung von commons ist Allmende. Das Wort Alm ist sprachgeschichtlich mit Allmende verwandt. Eine Alm ist auch ein Beispiel dafür, dass es traditionelle Commons / Allmende immer noch gibt. Die Ressource ist in diesem Fall das gemeinsame Weideland, die Alm, die von allen anteilig genutzt wird. Das Vieh ist individueller Besitz. Es entsteht aber oft eine gemeinsame Herde und die Bauern, engagieren gemeinsam einen Senner oder Viehhüter, der auf das Vieh aufpasst.
Im Feudalismus und später im Kapitalismus ist das Prinzip der commons stark unter Druck. Die Landlords werden zu Großgrundbesitzern und grenzen die einfachen Menschen immer mehr von den gemeinschaftlichen Nutzungen aus. Das Argument der ineffizienten Nutzung wird auch wie bei Garret Hardin wissenschaftlich argumentiert
> The Tragedy of Commons.
Die Arbeiten von Elinor Ostrom waren aus diesem Grund sehr wichtig für die Rehabilitation der commons. Durch ihr Lebenswerk, in dem sie jahrzehntelang Ressourcengemeinschaften weltweit erforscht hat, wurde „The Tragedy of Commons“ wissenschaftlich widerlegt. Für ihre Erkenntnisse hat Elinor Ostrom als erste Frau den Wirtschaftsnobelpreis erhalten und viele von uns inspiriert.
Der Begriff „commons“ wird häufig mit einem Dreieck erklärt. Das Dreieck besteht aus
- einem Ressourcensystem oder einer Ressource (commons),
- aus denen, die die Ressource pflegen: einer Gemeinschaft (commoners) und
- der Praxis, die rund um diese Pflege besteht, das Gemeinschaffen (commoning).
realitylabs Vorschlag einer Definition von Gemeinschaffen:
„Gemeinschaffen ist die Entwicklung, die Pflege, die selbstorganisierte Verwaltung und die bedürfnisorientierte und solidarische Nutzung einer Ressource oder eines ganzen Ressourcensystems durch eine Gemeinschaft.“
Das Verhältnis zwischen dem commons, also dem Ressourcensystem und denen die es nutzen ist anders als in der klassischen kapitalistischen Welt. Es geht in einem commons weniger darum, dass man eine Ressource ausbeutet, sondern das man mit dem System/ der Ressource lebt. Das man sich als Teil dieses Systems begreift.
Was hat realitylab vor?
Wir von realitylab möchten mit die Erfahrungen, die wir mit Baugruppen gesammelt haben, nun auf andere Ressourcengemeinschaft umlegen, speziell im Bereich Mobilität, Energie und Ernährung. Gemeinsam mit Euch, mit Gemeinschaften und mit Partnern.
Gemeinsam Lernen
- innerhalb einer Ressourcengemeinschaft
- gemeinschaftsübergreifend und
- bereichsübergreifend
Wir arbeiten an neuen Formaten und wollen sie gemeinsam mit unserem Netzwerk, also Euch, weiterentwickeln. Als erste Lernressource haben wir eine Bibliothek eingerichtet.
Schau vorbei in unserem Raum für Gemeinschaffen – mit Bibliothek – in der Ernst-Melchior-Gasse 11, 1020 Wien.
Gemeinschaffen.com
Unsere neue Website, die ein Marktplatz für commons Projekte sein wird. Wir haben in einer ersten Version die Baugruppenprojekte, die wir mit begleitet haben, online gestellt. Und im nächsten Schritt sollen mehr Projekte dazu kommen, nicht nur aus dem Wohnen-Bereich, dann vor allem aus dem Bereich Energie- und Mobilitätsgemeinschaften. Gleichzeitig soll es auch ein Platz sein, wo es um Lernressourcen gehen wird, in der auch Dokumentationen von Veranstaltungen zu finden sein werden.